Aus den Erinnerungen eines Fluglehrers
Vorwort
Wenn Fluglehrer erzählen gibt immer wieder Begebenheiten, wie sie einem Piloten in der normalen Fliegerei wahrscheinlich nicht begegnen.
Viele Dinge sind lustig, andere traurig oder stimmen zumindest nachdenklich.
Wenn ich hier berichte, dann möchte ich mich überwiegend auf die Ereignisse beziehen, die m.E. erzählenswert sind..
Alle Beiträge sind zwar “aus dem Leben gegriffen” aber weitgehend anonymisiert. – Sollte sich jemand wiedererkennen, ist es nicht beabsichtigt.
Die Beiträge werden nach und nach ergänzt.
Rainer Kogelheide
* Artikel 1 – 18 *
1. Beitrag:
Fluglehrer und Flugschüler bei dem dritten Einweisungsflug:
“Warum wackelt das Flugzeug so?” fragt der Flugschüler. Fluglehrer antwortet: “Weil du die Maschine nicht ruhig hälst , ständig in die Pedalen trittst und unentwegt am Steuerhorn drehst.-
Wenn Du alles los lässt, wird der Flug auch viel ruhiger verlaufen”, fährt der Fluglehrer fort.
“Warum soll ich los lassen”, meint der Flugschüler, “schließlich muss ich doch auch alles selber bezahlen!”
2. Beitrag:
Im Jahr 1985 habe ich eine Genehmigung für das Erstellen von Luftbildern beantragt.
Hierzu war ein umfangreiches Antragsverfahren notwendig.
Zu dieser Zeit wurde der Luftraum in Sicherheitszonen aufgeteilt (A, B, C).
So wurden auch die Genehmigungen immer nur entsprechend der Sicherheitzone ausgegeben.
So war z.B. die Zone “C” diejenige, die innerhalb eines (damaligen Militärischen) Sperrgebietes oder in einer Kontrollzone lag.
Die Anlage gibt einen Überblick über das Antrags-und Genehmigungsverfahren.
Die Gültigkeitsdauer der Genehmigung betrug 12 Monate, für das Luftbild-Sperrgebiet sogar nur 6 Monate. – Danach musste neu beantragt werden.
3. Beitrag:
Eine Flugschülerin kommt nach einer Solo-Runde zu kurz und setzt vor der Bahn in zu weichem Untergrund auf. –
Das Flugzeug bleibt mit dem Bugrad im Ackerboden stecken, überschlägt sich in Zeitlupe und landet auf dem Rücken.
4. Beitrag:
Ein Flugschüler fliegt in Oldenburg –Hatten Solo-Platzrunden. Der Fluglehrer weist vor dem Solostart nochmals darauf hin, dass der Flugschüler besonders auf die Bäume achten soll, die sich im Endteil dieser Landerichtung befinden.
5. Beitrag:
Im Theorieunterricht, Fach Meteorologie, geht es in der zweiten Unterrichtsstunde um den Aufbau der Atmosphäre.
6. Beitrag:
Vor dem Start zu einer ersten Überlandeinweisung legt sich der Flugschüler seine Streckenberechnung und die Karten (2 Blätter ) auf die Knie. Als Unterlage diente das neu erworbene Kniebrett, mit einem Stift in der Schlaufe und einer oben befestigten Stoppuhr.
7. Beitrag:
Bei einer Flughafeneinweisung müssen Flugschüler auch ihre Hemmungen überwinden, mit dem Tower Kontakt aufzunehmen. – So kann es schon einmal vorkommen, dass die Stimme höher und lauter wird.
Als ich bei einer Flughafeneinweisung den Flugschüler bitte, sich beim Tower zu melden, schaut er mich fragend an : „ ..was soll ich denn sagen?“
„Das, was Du gelernt hast!“ antworte ich „und zwar sofort, sonst müssen wir abdrehen!“
Als nach einigen Sekunden des unsicheren Abwartens immer noch keine Meldung erfolgt, bitte ich, abzudrehen.
Kurz darauf hören wir über Funk, wie sich auf der Tower-Frequenz eine Frauenstimme meldet, ganz schrill, aufgeregt und schnell: „Hallo Tower, hier ist eine Flugschülerin mit der D-E…..“.
„Bitte nicht so laut und so schnell, Sie können ganz normal mit mir reden“ reagiert der Tower-Lotse.
„OK“ meldet sich wieder die Flugschülerin „…also noch einmal…“ antwortet die Frau, und wieder kam die Meldung sehr laut und schrill in den Funk.
„Gut“, sagt nun der Tower-Lotse „ich habe verstanden…“ und gibt ihr nun die Freigaben für den Einflug und weitere Anweisungen und fügt dann an: „und wenn sie gelandet sind üben wir noch mal die Meldung, ruhig, gelassen und ohne Aufregung!“
„OK“ antwortet sie – aber nur, wenn Sie mich nicht auf den Tower bestellen!“
„Versprochen“ antwortet der Tower-Lotse.
Mein Flugschüler und ich konnten uns bei diesem Dialog das Lachen nicht mehr verkneifen.
Dann sagt ich zu ihm: „so, jetzt bist Du dran!“
Scheinbar war das Eis nun auch gebrochen, er griff zum Mikro und setzte fehlerfrei seine Meldung ab.
Später, nachdem wir gelandet waren sagte er zu mir: „es ist doch immer hilfreich zu hören, dass andere auch Fehler machen, dann hat man doch gleich mehr Mut, es auch zu versuchen.
8. Beitrag:
Eine Mutter erschien mit ihrem 17-jährigen Sohn zu einem Informationsgespräch über die Flugausbildung für ihn im Verein.Hierbei kamen die Kosten der Ausbildung ebenso zur Sprache, wie die Ausbildungsabschnitte Abschnitte und deren Dauer.
Als die Mutter erfuhr, dass die Dauer unter den bestehenden Bedingungen minimal 6 Monate, realistisch aber ca 8Monate beträgt war ihre größte Sorge, dass dieser Zeitraum zu lang ist, denn ihr Sohn sollte nach Beendigung der Schulzeit schnellstmöglich mit der Ausbildung zum Berufspiloten bei einer Airline beginnen.– Die Privatpilotenlizenz benötigt er, damit er mit seiner Bewerbung bessere Chancen hat.
Auf den Hinweis von mir, ob nicht dann doch eine gewerbliche Flugschule die bessere Wahl sei, winkte sie ab mit den Worten: „Sie haben hier einen guten Ruf, wir wohnen hier in der Nähe und ich möchte, dass er hier das Fliegen erlernt .
Sie ließ sich nicht von dem Vorhaben abbringen.
Nun fragte ich den Jungen, ob er das denn auch so möchte, wie seine Mutter das wünscht.
„Ich habe das mit meiner Mutter besprochen und für uns gibt es keine andere Wahl“, antwortete er sehr bestimmt, obwohl er sich bisher nicht in das Gespräch eingemischt hat.
„Gut“ stimmt ich dann zu, „dann lassen Sie uns die Ausbildung angehen“.
Während der Ausbildung war der Junge sehr eifrig, lernwillig, schaffte auf Anhieb seine Sprechfunkprüfung, die theoretische Prüfung und später dann auch die praktische Prüfung zum Privatpiloten.
Im Verein wurde er nie aktiv und nach Beendigung der Ausbildung verloren wir uns so aus den Augen.
Einige Jahre später sah ich ihn zufällig auf dem Flugplatz in Hamburg wieder.
Erst stutzte er, als wir uns begegneten, dann lächelte er und gab mir stolz die Hand in seiner Airliner-Pilotenuniform.
9. Beitrag:
Ein Flugschüler sollte eine Gefahreneinweisung bekommen. Beginnend mit einer Notlandeübung aus der Platzrunde sollten dann später noch andere Übungen in Platznähe erfolgen.
Der Wetterbericht sagte für den späteren Teil des Tages schlechteres Wetter voraus, jetzt war es aber noch ganz gut, nur einige Hochnebenschwaden zogen in einiger Entfernung südlich des Platzes vorüber. Es war also nichts in Sicht, was den Platzrundenflug hätte beeinflussen können.
Rollen zum Start und Pre-Flightcheck wurden vom Flugschüler ordnungsgemäß durchgeführt, dann folgte der Startlauf mit anschließendem Steigflug.
Knapp unter dreihundert Fuß erreichten wir eine Dunstschicht, die wir durchstiegen, dann waren wir plötzlich „im Dreck“, sahen allerdings oben den Himmel durchschimmern.
Ich forderte den Flugschüler auf, die Maschine gerade zu halten und den Steigflug (getrimmt) fort zu führen.
Plötzlich drehte er das Querruder nach rechts. „Halt’ die Maschine gerade” rief ich ihm zu!
„Wir hängen schief und drehen!“ rief er zurück.
„Schau auf die Instrumente“ forderte ich ihn auf und verwies auf Turn-Indikator, Horizont und Kurskreisel.
Jetzt schaut er mich ungläubig an – aber in diesem Moment kamen wir aus dem Hochnebel heraus und er konnte nun die Schieflage der Maschine sehen, die er selbst verursacht hat.
Als er nun aus dem Gegenanflug heraus zu einer Notlandung ansetzen wollte, obwohl der Nebel bereits mehr als die Hälfte des Platzes bedeckte, brach ich die Aktion ab und forderte ihn auf, einen Ausweichplatz zu suchen.
Die Auswahl fiel nicht schwer, weil östlich und nördlich des Platzes hervorragendes Wetter herrschte.
Bei der Nachbesprechung des Fluges machte er einen sehr nachdenklichen Eindruck. „Heute habe ich gravierende Fehler gemacht“ stellte er fest. „Positiv ist nur, dass ich jetzt gemerkt habe, wie gefährlich der Einflug in schlechtes Wetter tatsächlich ist“..stellte er fest.
10. Beitrag:
Ein junger Mann steht neben mir auf dem Flugplatz und möchte sich über die Flugausbildung informieren. – Dabei fragte er auch, ob für die Ausbildung und später zum Fliegen englische Sprachkenntnisse erforderlich sind. Ich erläutere ihm, unter welchen Bedingungen er mit der deutschen Sprache zurecht kommt und wann er englische Sprachkenntnisse benötigt.
Als er mir eröffnet, dass er nur über sehr geringe Fremdsprachenkenntnisse verfügt, tröste ich ihn mit der Aussage, dass er in Deutschland durchaus auch ohne diese Kenntnisse fliegen kann.
Gerade als ich ihm diese Sachverhalte erläutere, tritt ein Vereinskamerad zu uns und beginnt nach einer kurzen Begrüßung:
„ Ich habe heute morgen mein ‘Plane’ erst einmal gecleant, damit mir beim Passagiertransport nicht mein ‘Weight und Balance’ um die Ohren fliegt. – Obwohl, nach der letzten ‘TBO’ habe ich wieder Power ohne Ende, so dass meine ‘Climb-Rate’ völlig neue Dimensionen erreicht. Nach dem ‘Ausleveln’ kommt er locker auf eine ‘Top-Speed’ von 135 Knoten, die 130 Knoten hält er als ‘Cruising-Speed’ auch nach ‘Power-Reduce’ auf 75% .
Als ich vorhin geflogen bin, konnte ich schon nach 250 m ‘rotieren’, bin dann gleich mit 450 Bank in den ‘Downwind’, im ‘Final’ dann ‘Full Flaps’ und den ‘Touchdown’ schon nach 50 Metern.
Ich fand mich richtig gut.
So Jungs, macht’s gut –und … (wendet er sich an meinen Gesprächspartner)… – vielleicht sehen wir uns bald öfter“ – und ging dann weiter.
Der junge Mann schaute mich nach dieser Gesprächseinlage fragend an: „…und Sie meinen, ich brauche wirklich kein Englisch ?????“
11. Beitrag:
Bei einem Schulungsflug sollte ein Startabbruch durchgeführt, ein Motorausfall im Steigflug simuliert und die notwendigen Maßnahmen geübt werden.
Mit dem schon etwas älteren Flugschüler wurden vor dem Start die Maßnahmen besprochen, die bei einem Startabbruch und einem Motorausfall zu ergreifen sind.
Ihm wurde aber nicht gesagt, aus welcher Runde der Platzrundenflüge mit Ziellandungen aus unterschiedlichen Höhen diese beiden Übungen durchgeführt werden sollten.
Die erste Platzrunde wurde normal absolviert. Es wurde auf verschiedene Bedingungen aufmerksam gemacht, die besonders beachtet werden müssen (Seitenwind, Steigwinkel, Geschwindigkeit, Luftraumbeobachtung u.a.m.).
Auch der Durchstartprozess wurde noch kurz angesprochen.
Als die Maschine auf der Bahn aufsetzte, zog ich den Gashebel zurück und rief: „Motorausfall.“
Statt einer schellen Reaktion schaute mich der Flugschüler aber nur an und fragte: „Wollen wir nicht durchstarten?“
Nachdem wir besprochen haben, wie er sich in einem solchen Fall zu verhalten hat, rollten wir wieder zum Startpunkt und starteten.
Als wir im Steigflug 300 ft erreichten, zog ich wieder den Gashebel zurück und rief „Motorausfall“. – Anstatt aber jetzt die Flugzeugnase zu senken, nach einer Landewiese Ausschau zu halten und ggf. einen Neustart des Motors zu versuchen, schaute er mich wieder erstaunt an und fragte ganz trocken: „Ist das jetzt der Motorausfall im Start?“
Nach der Landung haben wir das ganze Procedere noch einmal durchgesprochen und ich habe eindringlich darauf hingewiesen, dass hier Maßnahmen für einen Notfall geübt werden, die ihm ggf. das Leben retten sollen.
Bei solchen Geschehnissen soll er mich nicht ansehen, sondern r e a g i e r e n.
Nach einer Kaffeepause und eindringlichen Hinweisen haben wir das ganze Verfahren wiederholt – diesmal klappte es.
12. Beitrag:
Dass auch für Fluglehrer Schulungsflüge sehr schön sein können, erlebte ich vor einigen Jahren an einem schönen, klaren Tag zwischen Weihnachten und Neujahr.
Schon beim Anlassen des Flugzeugs passte alles, denn die Maschine sprang nach dem Standard-Programm auf einen Schlag an, lief erst ein wenig stotternd, dann aber immer runder und das bei ca -150 C’. Das war deshalb ungewöhnlich, denn normalerweise startet gerade dieser Motor bei so tiefen Temperaturen sehr schlecht, wenn er überhaupt gewillt ist, seinen Dienst aufzunehmen. Das hat auch schon dazu geführt, dass gerade bei diesem Flugzeugtyp schon zweimal ein Vergaserbrand ausgelöst wurde.
Heute passte alles und so konnten wir zu dem geplanten Übungsflug starten.
Auf dem Programm stand die 2. Funk-Nav-Einweisung.
Nachdem wir nach dem Anschneiden mit 300 und mit 450 auf dem Radial inbound flogen und ich die weitere Aufgabenstellung aufrief, sagte der Flugschüler:
„Weißt Du was, wir können gerne alles nächste Woche wiederholen, heute möchte ich nur den Flug genießen.“
Und so schauten wir beide bei leichtem Dunst und strahlendem Sonnenschein die Szenerie draußen an.
Die Luft glitzerte bei den tiefen Temperaturen – das Thermometer im Flugzeug
zeigte -320 C – und der leichte Dunst verwandelte die Umgebung in eine einzigartige Glitzerlandschaft. – Das Flugzeug wurde bei diesen Temperaturen innen nicht mehr warm, manchmal knackte es in der Flugzeughülle und so konnten wir ein wenig von der Kälte draußen auch im Flugzeug spüren.
So flogen wir in 3500 ft. ca 1 Stunde lang überwiegend schweigend durch diese Winterwelt, in der auch keine noch so kleine Turbulenz den Flugverlauf störte.
Mit der Navigation gab es keine Probleme, weil wir viele Kilometer weit sehen konnten und das Zwischenahner Meer auch immer im Blick hatten, das mit dem schimmernden Wasser und den leichten Nebelschwaden darüber diese einzigartige Kulisse noch verstärkte.
Nach der tadellosen Landung und dem Abstellen des Flugzeugs schaute mich der Flugschüler an und sagte nur: „ das war es mir heute wert und ich musste jede Minute genießen.- Wer weiß, wann ich das noch einmal erleben kann.“
Ich finde es gut, dass Du auch inne halten kannst, um Dich an den Schönheiten der Natur zu erfreuen“, bestätigte ich ihn, „ dann ist es mir das auch wert“.
Dass ein Flug in einer so eigenartig schönen Winterkulisse tatsächlich nicht alltäglich ist, konnte ich mit ca. 40-jähriger Erfahrung nur bestätigen.
13. Beitrag:
Dass Segelflieger ein eigenes Verständnis von der Fliegerei und der Bewegung im Luftraum haben, musste ich als Fluglehrer feststellen, als ich einen lizensierten Segelflieger im Motorflug schulen musste.
Bei den ersten Einweisungsflügen konnte auf die Theorie und auch die Fähigkeit zum Handling des Flugzeugs zurückgegriffen werden. Beides war präsent und klappte wunderbar.
Anders war es dann schon beim geradeaus fliegen. –Jedes Mal, wenn das Flugzeug wegen leichter Turbulenzen ruckelte, wendete er die Schnauze nach links oder rechts und zog die Maschine vorsichtig hoch, ohne dabei allerdings die Geschwindigkeit zu verringern.
Auf meine Frage nach dem „Warum?“ antwortete er, dass man doch prima die Thermik ausnutzen kann, um Höhe zu gewinnen. “Das erhöht den Spaß an der Fliegerei und hilft auch gleichzeitig Sprit zu sparen”, erklärt er mir.
Als ich ihm sagte, dass es im Motorflug darum gehe, Geschwindigkeit und Höhe konstant einzuhalten, begann er mit mir darüber zu diskutieren. – “Fliegen ist ein schönes Hobbyund dann kann man doch das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und nicht nur stur von A nach B fliegen”.
Ich habe darauf mit ihm ein Abkommen getroffen, dass er auch akzeptiert hat: während der Schulung, ob mit mir oder solo mit einem Flugauftrag, fliegt er die vorgegebenen Verfahren und trennt hier Segel- und Motorflug.-
Glücklich war er trotz Einverständnis damit nicht und hat mir das auch immer wieder zu Verstehen gegeben.
14. Beitrag:
Bewerber für den Luftfahrerschein haben oft eine eigene Vorstellung von der Ausstattung und der Kleidung, die hierfür benötigt wird.
Ein Bewerber hat sich im Verein für die Ausbildung angemeldet und konnte mit den erforderlichen Unterlagen auch bei der Behörde gemeldet werden.
Nach den ersten Theoriestunden wurde auch die erste Flugstunde verabredet, zu der der Bewerber auch rechtzeitig erschien. – Allerdings löste er mit seiner Erscheinung doch ein wenig Verwunderung aus.
Er war von Kopf bis Fuß mit neuesten Accessoires ausgestattet: eine Fliegermütze mit Goldschwingen, eine Flieger-Lederjacke und darunter eine Fliegerkombi. – Das ganze wurde abgerundet durch eine Sonnenbrille (Ray-Ban) und eine große Fliegeruhr auf dem linken Arm der Fliegerjacke .
Als er meinen erstaunten Blick sah fragte er : „Ist etwas nicht in Ordnung?“
„Doch, doch“ beeilte ich mich zu antworten.
Aber die Bemerkung „so bist du vorbildlich ausgestattet“ konnte ich mir dann doch nicht verkneifen.
15. Beitrag:
Dass auch der theoretische Unterricht manchmal mehr und völlig andere Erfahrungen und Eindrücke bringen kann, wurde den Teilnehmern eines Kurses in Zusammenhang mit einer Terminverschiebung deutlich.
In einer Kursusgruppe von 5 Teilnehmern wurde von zweien der Wunsch geäußert, ausnahmsweise einmal vom Abendtermin auf einen Nachmittag zu wechseln, da sie abends keine Zeit hätten aber den Unterricht auch nicht gern ausfallen lassen wollten, wenn es denn anders machbar ist.
Zwei weiteren Teilnehmern war diese Verschiebung auch möglich und ein dritter sagte, dass er es auch einrichten könne.
An diesem Nachmittag brachte ein Teilnehmer seinen 11-jährigen Sohn mit, der nicht alleine zu Hause bleiben sollte und auch gerne daran teilnehmen wollte.
Bei der Bearbeitung einer Navigationsaufgabe, bei der mit Lineal und Zirkel gearbeitet werden musste, stellte sich ein Teilnehmer sehr ungeschickt an. Immer wieder verrutschte ihm das Lineal oder der Stechzirkel und gelang ihm kaum, den Kurs auf der Karte abzustecken.
Der Junge sah das und bot ihm seine Hilfe an.
Skeptisch aber wohlwollend nahm der Flugschüler das Angebot des Jungen an.
Dieser legte nun ganz geschickt Lineal und Stechzirkel an und gab die abgelesenen Zahlen an, die der Flugschüler dann nur noch in seinen Rechner tippte und dadurch relativ schnell zu seinen (richtigen) Ergebnissen kam. – „Dich könnte ich gut als dienstbaren Geist an meiner Seite gebrauchen, dann fiele mir vieles leichter“ – sagt der Flugschüler zu dem Jungen.
Der Vater des Jungen hatte alles beobachtet und kommentierte dann lächelnd: „ Es ist doch schön zu sehen, dass die Kinder helfen können, wenn die Erwachsen Schwierigkeiten haben. – „Aber“ fährt er fort „er fragt mich auch alle zwei Monate, wenn er denn endlich alt genug ist, mit der Flugausbildung beginnen zu können. – Das handwerkliche Geschick zur Kursberechnung bringt er jedenfalls schon mit.“
16.Beitrag:
Dass man sich auch bei bestem Wetter verfliegen kann, ist eine alte Weisheit. – Dass es auch einen Flugschüler unserer Flugschule getroffen hat, gehört mit zu unseren Erfahrungen.
Es war zu der Zeit, als unser Flugplatz noch eine Graspiste hatte. – Bei wunderschönem Wetter, Sichten über 10 km, (fast) keine Wolken und nur ganz wenig Wind bekam ein Flugschüler einen Flugauftrag für eine Kleinorientierung (ca 100 km im Viereck).
Er meldete sich an jedem Wendepunkt, die er wohl alle gefunden hat.
Als er auf dem letzten Schenkel wieder Sicht zum Zwischenahner Meer meldete, ich mit noch einer Flugzeit von ca 5 Minuten rechnete und den südlichen Luftraum um Westerstede beobachtete, glaubte ich ihn schon sehen zu können. – Es meldete sich aber ein anderes Flugzeug, das in Felde landen wollte. – Bald war eine zweite Maschine zu sehen, die auch um Landeerlaubnis bat, nicht aber der Flugschüler.
Die Nachfrage über Funk, wo er denn bleibt, beantwortete er erst beim zweiten Anruf mit den Worten ..“Ich musste zwei Flugzeugen ausweichen und nun finde ich den Platz nicht wieder..“.
Ich ließ mir von ihm beschreiben, was er sieht und daraufhin konnte ich vermuten, dass er sich östlich des Platzes befand.
Da es zu dieser Zeit die Autobahn noch nicht gab und deshalb auch keine Auffanglinie nach Westen, ließ ich ihn wieder in Richtung Zwischenahner Meer fliegen, dass er gut erkennen konnte. Von da an wieder nach Norden, bis er Westerstede in Sicht hatte.
Mittlerweile hatte ich Sichtkontakt zu dem Flugzeug und konnte ihn so in die Platzrunde lotsen. Gesehen hat er den Platz allerdings erst in der zweiten Runde.
Nach der Landung sagte er nur: “ es ist alles so grün und die Felder sind sehr eng zusammen, so dass ich den Flugplatz nicht erkennen konnte – und das bei schönstem Wetter.“ Diese Erfahrung lehrte ihn aber, dass bei Anfängern wirklich nur eine gute Flugvorbereitung und ein „mit dem Finger auf der Karten fliegen“ hilft, ein Ziel auch zu finden und man sich nicht alleine darauf verlassen darf, dass man vermeintlich die Gegend gut kennt.
Anm.: Diese Erlebnisse stammen aber aus einer Zeit, als es noch kein GPS gab. – Nur, man muss eben auch lernen, ohne solche Hilfsmittel zurecht zu kommen.
17. Beitrag:
Wenn auf dem Flugplatz eine Lizenz erworben wurde, entstanden oft Unstimmigkeiten zwischen Eheleuten, weil der/die Partner(in) entweder keinen Spaß an der Fliegerei oder sogar Angst davor hatte.
So wurde der (m.W. aus Amerika importierte) Pinch-Hitter-Kurs Anfang der 90er Jahre auch für unseren Verein diskutiert und schließlich eingeführt – 10 Stunden Theorie, 5 Stunden Fliegen-.
Die theoretischen Grundlagen des Fliegens bildeten die Grundlagen für jeden Kursus, und so wurden, verbunden mit einigen „Trockenübungen“ am und im Flugzeug die Sachverhalte von den Teilnehmer(-innen) rasch verstanden und Verständnis dafür entwickelt.
In einem Kursus saß eine Teilnehmerin bei ihrem ersten Pinch-Hitter-Start ganz verkrampft und zitternd neben mir und es kostete einige Überredung, sie zum ‚Mitfühlen’ am Steuerhorn zu bewegen.
Jede Steuerbewegung sprach ich erst laut vor mich hin, um sie dann erst auszuführen. Nach wiederholter Aufforderung zum Mitmachen berührte sie das Steuerhorn zaghaft mit nur zwei Fingern, um ‚ja nichts falsch zu machen’.
In der zweiten Stunde bemerkte ich, dass sie einen erhöhten Druck auf die Pedalen ausübte und auch ein entschlosseneres Mitmachen bei den Steuerbewegungen zeigte. Daraufhin nahm ich Hände und Füße zurück und als sie nach einiger Zeit merkte, dass sie das Flugzeug alleine steuerte, erschrak sie.
Daraufhin redete ich ihr zum Weitermachen Mut zu und bat sie, selbst jede Steueraktion laut vor sich hin zu sagen, bevor sie sie ausführte. Bald merkte sie, dass es funktionierte.
Über dieses eigene Handeln vergaß sie den Flug, die Höhe und ihre Angst.
In der vierten Flugstunde steuerte sie schon die Maschine in jede gewünschte Richtung, beherrschte die Grundlagen für Start und Landung und traute sich auch, in das Funkgerät zu sprechen.
In der fünften Stunde hat sie ohne sichtbare Angst den Steigflug gesteuert, Richtungs- und Höhenänderungen durchgeführt, Kurse gehalten und das Mikro bedient. Sie bedauerte anschließend, dass der Kursus damit schon beendet war.
Am darauffolgenden Wochenende traf ich ihren Ehemann auf dem Flugplatz. „Du hast uns ganz schön etwas aufgebürdet“ schimpfte er, „jetzt will meine Frau auch noch den Schein machen und das wird uns noch einmal viel Geld kosten!“
„Selbst in Schuld“ konterte ich, „Du bist schließlich damit angefangen – gleiches Recht für beide!“
18. Beitrag:
Ein Flugzeugeigner bat mich, mit ihm einem Übungsflug durchzuführen. – Er war im Besitz einer C-172, also einem auch mir sehr vertrauten Muster.
Nach einem Briefing über den geplanten Verlauf des Fluges checkten wir die Maschine und stiegen ein.
„ So zeitintensiv habe ich schon lange nicht mehr vor einem Flug „herumgehampelt“ gestand er. – Rausholen, Sprit rein und abdampfen – hat bisher immer funktioniert.“ Und damit sah er mich lachend an.
„Etwas Sorgfalt vor dem Start hat noch nie jemandem geschadet, im Gegenteil, Schaden abgewendet“ versuchte ich ihn zu belehren.
„Wenn Du meinst – heute bist Du der Boss“ reagierte er wieder lachend auf meinen Einwurf.
Es klappte alles gut, fliegerisch gab es nichts zu bemängeln, nur mit der Navigation nach VOR tat er sich sehr schwer, vor allem, als ich ihm eine Kreuzpeilung abverlangte.
„In solchen Fällen greife ich immer zum GPS“ redete er sich heraus.
Nun zeigte ich ihm noch einmal, wie so etwas funktioniert (gelernt hat er das auch einmal) und wir übten es einige Male.
So haben wir zum Abschluss des Fluges auch ein Kreuzpeilung direkt über den Platz gelegt und der mittlerweile leichte Dunst in der Luft erschwerte (glücklicherweise) auch die direkte Referenz zum Erdboden.
Nun beobachteten wir beide während des Fluges sehr gespannt, ob die CDI’s auch tatsachlich über dem Platz die Nullstellung erreichten.- Es war deshalb auch sehr einfach, weil er zwei Geräte an Bord hatte, mit denen man wunderbar so ein Kreuzpeilung durchführen konnte.
Als das klappte und wir genau über dem Platz angekommen ankamen, schaute er mich an und sagte: „ Entschuldige meine Lästerei bei Flugbeginn aber dieser Flug war für mir doch eine Lehre, Du hast einen großen Anteil daran und mich wieder ein Stück weit auf den Boden zurück geholt.“
Ich war sehr froh über dieses Lob, so ist der Übungsflug letztlich auch noch zu einem solchen geworden, mit allen positiven Begleiterscheinungen.
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Fortsetzung folgt.